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Nordrhein-Westfalen Siebengebirge neugedacht

Wie das vergessene Königswinter wieder eine Renaissance erleben soll

Über allem thront die Burgruine Drachenfels: Stadtansicht vom Rheinufer aus Über allem thront die Burgruine Drachenfels: Stadtansicht vom Rheinufer aus
Über allem thront die Burgruine Drachenfels: Stadtansicht vom Rheinufer aus
Quelle: picture alliance /
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Die Stadt am Fuße des Drachenfels, einst ein weithin beliebtes Ferienziel, hat ihre beste Zeit hinter sich. Doch es gibt Investoren, die mit neuen Konzepten an ihrer Renaissance arbeiten.

An einem diesigen Dezembertag führt Diego Fernández Reumann durch das Hotel Loreley an der Rheinpromenade von Königswinter. „Hier feierte Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1899 seinen 40. Geburtstag“, erzählt der Chef des Kölner Immobilieninvestors Verianos. Im Festsaal ist noch einiges im Originalzustand, an anderen Stellen vieles verbaut. Fernández Reumann und seine Partner haben das Gebäude gekauft und möchten es zu einem zeitgemäßen Luxushotel umbauen, ab 2025 könnten hier wieder Gäste empfangen werden.

Zu Zeiten des Kaiserreichs und bis zum Ersten Weltkrieg erlebte das Städtchen seine Blütezeit. Aus Berlin kam der preußische Adel, aus Düsseldorf, Köln und Bonn kamen betuchte Bürger, die hier, zwischen Rhein, Drachenfels und Siebengebirge, in damals sechs Grandhotels das Leben genossen. Viele Sagen ranken sich um den Drachenfels, die wiederum zogen Dichter der Romantik wie Lord Byron an. Am bekanntesten ist die Geschichte des Helden Siegfried aus Xanten, der sich im Siebengebirge einem feuerspeienden Drachen gestellt und ihn getötet haben soll, um anschließend in dessen Blut zu baden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es noch einmal ein Aufblühen, in den 70er-Jahren dann wurde Königswinter, so wie andere Rheinstädte, zu einem Synonym für Kegeltour-Ausflüge und Billigtourismus. Ab Ende der 80er-Jahre blieben dann auch die Niederländer als zuletzt bedeutendste Besuchergruppe aus, in der Zeit der Billigflieger lockten noch günstigere und sonnigere Urlaubsziele in Ost- und Südeuropa.

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Wenn es nach Diego Fernández Reumann und anderen Investoren geht, soll Königswinter wieder bessere Zukunftsaussichten bekommen. Der gebürtige Bonner mit spanischem Vater und deutscher Mutter hat mithilfe einer Reihe von Partnern bereits 20 Gebäude in der Stadt erworben, insgesamt wolle man 50 bis 100 Millionen Euro investieren. „Wir sehen uns nicht als Heuschrecken, sondern eher als Schmetterlinge, die Königswinter wieder zum Blühen bringen“, sagt der 63-Jährige, der früher unter anderem für die Deutsche Telekom eine Immobilien-Tochter managte. „Dabei geht es um ein Gleichgewicht aus Altstadt-Charakter und architektonisch anspruchsvollem Neubau. Wir bündeln die Dinge und haben dann auch einen anderen Hebel als andere.“

Der Drachenfels gehört zur DNA der Rheinländer

Wie Verianos-Chef Fernández Reumann glaubt auch Unternehmer Hans-Helmut Schild an das Potenzial von Königswinter. „Der Drachenfels als Ausflugsziel ist Teil der DNA des Rheinländers“, sagt der Bonner. „Ich erinnere mich noch, wie ich diesen Berg als Kind bestiegen habe. Zu Zeiten meines Großvaters war das noch auf einem Esel möglich.“ Der frühere Tourismusmanager hat mit seinem Partner Ulrich Keinath das Hotel Bergischer Hof gepachtet und mit viel Liebe zu einem frankophil geprägten „Storyhotel“ samt Restaurant „Jules Verne“ umgestaltet. 2021 feierte man die Neueröffnung.

„Die hohe Nachfrage schon im ersten Jahr hat uns selbst überrascht“, sagt Schild. Neben dem Hotel betreiben die Geschäftspartner unter dem Namen „Kaufmannsladen“ noch einen modernen Concept-Store mitsamt Café, zudem eine Buchhandlung und einen multifunktionalen Kulturraum, in dem etwa Lesungen stattfinden. Einen weiteren früheren Übernachtungsbetrieb haben sie zu einem Studentenhotel samt Co-Working-Offices umgebaut. „Wir haben hier so viel anzubieten und echte Pfunde, mit denen wir wuchern können“, sagt Schild. Etwa Schloss Drachenburg, das ein Börsenmakler, der aus Bad Godesberg stammte, vor mehr als hundert Jahren im neogotischen Stil über dem Rhein errichten ließ.

Schild schwärmt weiter, von der ältesten Zahnradbahn Deutschlands, dem neugestalteten Drachenfelsplateau, der Rheinpromenade und natürlich dem Siebengebirge als einem der wichtigsten Naherholungsziele in der Region.

Bürgermeister Lutz Wagner sind Investoren in der Altstadt mit viel Leerstand und teils heruntergekommenen Gebäuden hochwillkommen. „Wir brauchen eine ganze Reihe von Leuchtturmprojekten wie das Hotel ‚Jules Verne‘“, sagt der 58-Jährige. „Wir als Kommune können hier den Rahmen setzen, dass sich die Dinge weiter positiv verändern.“ Dabei dürfe man aber auch den Brand- und Denkmalschutz in der teils eng bebauten Altstadt nicht aus den Augen verlieren, so der Rathauschef. Die Bürger und die Kommunalpolitik müssten beizeiten eingebunden werden.

Neben weiteren Einzelinvestoren lobt der Bürgermeister auch das Engagement des Ehepaars Rosenbaum. Nachdem sie bereits rund zehn Jahre in der Stadt gelebt hatten, bauten Nadine und Kay Rosenbaum ein früheres Hotel zu einem Co-Living-Haus mit 15 Zimmern um, das ähnlich wie eine WG über Gemeinschaftsräume verfügt. Zielgruppe für das „Eldalio“ sind Studenten oder auch „Job-Nomaden“, die noch keine richtige Wohnung haben und im Durchschnitt etwa drei Monate bleiben. Hinzu kam danach die „Krone“, ein Hotel mit einem veganen Frühstücksangebot, ein Ausbau der Gastronomie ist in Planung. „Die Altstadt von Königswinter ist ein wunderbares Fleckchen Erde“, sagt Kay Rosenbaum, der früher als Manager für große Unternehmen tätig war. Gerade im Sommer herrsche hier fast schon mediterranes Flair. Und über den Köln/Bonner Flughafen und den ICE-Bahnhof Siegburg-Bonn sei man optimal angebunden. „Es braucht kleine und große Schritte“, sagt Nadine Erven-Rosenbaum. Wenn sich hier und dort in der Altstadt etwas tue, motiviere das auch andere Eigentümer, in ihre Immobilien zu investieren. „Auf einmal sieht man in der Nachbarschaft neue Gerüste an den Häusern stehen.“ Für ihren Ehemann ist Königswinter „perspektivisch ein Hotspot“. Freunde von außerhalb sagten häufig: „Ihr lebt dort, wo andere Menschen gerne Urlaub machen.“

Mit dem Fahrrad bis nach Bonn

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Auch Fernández Reumann setzt darauf, dass die von ihm entwickelten Immobilien wie Leuchttürme in die Umgebung strahlen. Der Bonner kommt bei gutem Wetter mit dem Fahrrad nach Königswinter und verweist auf die gute Anbindung, auch zur Kölner Messe. Bereits seit 2018 ist er mit der Firma, die ähnliche Projekte im spanischen Valencia und in Mailand verfolgt, in Königswinter engagiert. „Die Altstadt soll wieder ein belebtes Quartier werden, für Wohnen und Arbeiten, mit zeitgemäßen Geschäften und gehobener Gastronomie.“

Damit die Stadt auch kulturell mehr zu bieten hat, können Künstler in einem von Verianos erworbenen Fabrikgebäude arbeiten. Zudem stellt der Investor eines seiner Häuser der Jungen Philharmonie Köln zur Verfügung, zunächst für ein Jahr. Deren Leiter freut sich, hier zu proben und demnächst Konzerte in der Künstlerfabrik geben zu können.

Konkreter als beim Hotel Loreley sehen die Verianos-Planungen für das ehemalige Drachenfelshotel aus, das nicht nicht weit entfernt direkt am Bootsanleger und am Eingang zur Stadt steht. Der Kasten von 1973 soll zu Apartments und Wohnungen ab 23 Quadratmetern Größe umgestaltet werden. 2023 soll es losgehen, im Jahr darauf könnten die ersten Gäste einziehen, sagt Fernández Reumann bei der Besichtigung eines Musterzimmers.

Dass sich Projekte in Königswinter rechnen könnten, betont Hotelier und Gastronom Hans-Helmut Schild. „Als wir unser erstes Café aufmachten, hieß es: Ihr haltet euch höchstens drei Monate.“ Mittlerweile ist das sechs Jahre her. „Wir möchten, dass die Bürger von Königswinter wieder stolz auf ihre Stadt sind und Besucher viele gute Gründe für einen Ausflug zu uns haben.“

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